Herzen, Hunger, Durst und Müdigkeit waren vergessen, und mit frischem Mute ging man auf der gamen Linie zum Angriff vor. Der Kronprinz nahm Ch lum, den Mittelpunkt der östreichischen Stellung, Herwart von Bittenfeld verdrängte die Sachsen nach hartem Kampfe aus Problus, und in kurzem wandte sich die gesamte feindliche Armee zur regellosen Flucht.
(Fried e mit ^Oestreich.) Nun brach das siegreiche Heer nach Süden auf und zog durch Böhmen und Mähren auf Wien los, während ein Seitenkorps die Karpathen überstieg und die Gegner bei Blumen au, in der Nähe von Preßburg, in die Enge trieb. Da erfolgte der Abschluß eines Waffenstillstandes und vier Wochen später, ant 23. August, der Friede von Prag. Oestreich mußte aus dem deutschen Bunde ausscheiden, sein Recht auf Schleswig-Holstein aufgeben und 60 Millionen Mark Kriegskosten bezahlen; Italien erhielt die Provinz Venetien, trotzdem es zu Lande und zu Wasser geschlagen worden war.
(Der Mainseldzug und die Gründung des norddeutschen Bundes.) Den gleichen Erfolg hatte der Feldzug der Mainar-mee unter Vogel v on Falk enstein, später unter Manteuffel. Obwohl die Preußen den gegenüber stehenden süddeutschen Truppen bei weitem nicht gewachsen waren, drangen sie doch in einer Reihe siegreicher Gefechte (bei Dermbach, Kis sin gen, Asch affen-bürg, Ta über-Bischofs he im) über den Main vor. Die Gegner baten um Frieden, den man ihnen auch unter billigen Bedingungen gewährte. Hannover, Kur Hessen, Nassau und Frankfurt jedoch sowie Schleswig-Holstein wurden der preußischen Monarchie einverleibt. Sämtliche Staaten nördlich vom Main vereinigten sich zu einem norddeutschen Bunde, mit welchem die süddeutschen Staaten in ein Schutz- und Trutzbündnis traten.
§ 83. Der deutsch-französische Krieg. Von Weißenburg bis Sedan. (Veranlassung des Krieges). Preußens Erfolge, ohne Napoleons Mitwirkung oder Zustimmung errungen, hatten die Eitelkeit der Franzosen schwer verletzt. „Rache für Sadowa!" halte es durch ganz Frankreich wieder, und im Stillen bereitete man alles für den Krieg vor. Nun hatten die Spanier ihre Königin Jsabeua vertrieben und die Krone dem Erbprinzen Leopold von Hohenzollern angeboten, der sich nach einigem Zögern auch bereit erklärte, die Wahl anzunehmen. Darin erblickte Frankreich eine Beeinträchtigung seines Ansehns, und als der Prinz infolge dessen wieder zurücktrat, forderte es sogar durch den Botschafter Beuedetti vom Könige Wilhelm das förmliche Versprechen, für alle Zukunft die Thronbesteigung eines Hohenzollern in Spanien verhindern zu wollen. Mit Entrüstung wies der König, der sich zum Gebrauche des Bades in Ems aufhielt, das beleidigende Ansinnen zurück und weigerte sich,
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129
Oktober die Völker aus allen Teilen Europas mit einander ringen sollten. In einem weiten Bogen umgaben Napoleon's Truppenmassen die Stadt, in einem noch weiteren wurden sie selbst von den Heeren der Verbündeten umschlossen. Am Abend des 15. Oktober gaben aufsteigende Raketen das Zeichen zur Gefechtsbereitschaft, und am Morgen des 16. Oktober entbrannte an drei Orten zugleich, bei Wachau, bei Lindenan und bei Möckern, die blutige Schlacht.
(Gerecht bei Wachau.) Bei Wachau, im Süden von Leipzig, stand Napoleon selbst der Hauptmacht der Verbündeten unter Schwarzenberg gegenüber. Lange wogte der Kampf hin und her, bald war die eine Partei, bald die andere im Vorteil. Da stürmte König Murat mit einer gewaltigen Masse schwerer Reiterei gegen die Mitte der Verbündeten an. Die Linien derselben wurden durchbrochen, und Napoleon ließ schon zur Feier des Sieges in Leipzig die Glocken läuten. Doch er hatte zu früh triumphiert. Schwarzenberg setzte sich an die Spitze der russischen Garde-Kosaken und eines preußischen Dragoner-Regiments und trieb die von dem heftigen Ritte ermatteten Feinde' wieder zurück. Am Abend hatten beide Heere dieselbe Stellung inne wie am Morgen.
(Gefecht bei Lindenan und bei Möckern.) Bei Lindenau (im Westen) wurden die Oestreich er trotz der größten Tapferkeit^ vollständig geschlagen. Dagegen errang Blücher bei Möckern (im Norden) einen herrlichen, aber blutigen Sieg. Unter furchtbaren Opfern erstürmten die Preußen nach drei vergeblichen Angriffen das Dorf und jagten die Franzosen bis unter die Mauern von Leipzig.
(Gefecht bei Probsthaida.) Der nächste Tag, ein Sonntag, brachte keinen Kampf, da Napoleon, wiewohl erfolglos, Unterhandlungen anzuknüpfen suchte. Für den 18. Oktober zog er seine Truppen enger um Leipzig zusammen; der Mittelpunkt seiner Aufstellung war das Dorf Probsthaida. Rechts und links drangen die Verbündeten allmählich siegreich vor, doch das hartnäckig verteidigte Probsthaida vermochten sie' nicht zu nehmen. Sich auch den folgenben Tag zu behaupten, konnten indes die Franzosen nicht hoffen. So sah benn Napoleon seine Träume von Weltherrschaft zerronnen, und auf einem Schemel neben einer Winbmühle biktierte er beim Scheine des Wachtfeuers die Befehle zum Rückzüge.
(Erstürmung Leipzigs.) Am Morgen des 19. Oktobers fanden die Verbünbeten das Schlachtfeld vom Feinde verlassen. In wilder Hast brängten sich die Fliehenden durch bic Thore und Straßen Leipzigs, ihnen nach im raschen Siegerschritt die Verfolger. Da flog die Elsterbrücke mit schrecklichern Gekrach in die Luftsie war auf Napoleons Befehl gesprengt worden, doch viel zu früh
9.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Schwarzenberg Napoleon Napoleon Napoleon Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Europas Lindenan Leipzig Leipzig Leipzig Leipzigs Leipzigs Napoleons
137
Mehrung der Kleinstaaterei nicht so große Opfer gebracht haben.
Als die Verhandlungen zu keinem Ergebnis führten, beschloß die Mehrheit der Bundesversammlung dem Antrage Oestreichs gemäß die Mobilmachung der Bundesarmee, und der so lange gefürchtete und fast unvermeidliche deutsche Krieg brach aus.
(Beginn des Krieges.) Auf Oestreichs Seite standen Bai-ern, Würtemberg, Sachsen, Hannover, beide Hessen, Baden und Nassau, auf Seite Preußens nur die kleineren norddeutschen Staaten, deren Unterstützung, wenig ins Gewicht fiel. Dagegen war Italien, um Venetien zu gewinnen, dem Bunde wider Oestreich beigetreten. Ohne Zögern setzten sich die preußischen Heerhaufen in Bewegung, und in unglaublich kurzer Zeit eroberte General Vogel von Falkenstein ganz Hannover und Kurhessen. Die hannoversche Armee suchte nach Süden durchzubrechen, mußte aber nach der Schlacht bei Langensalza, obgleich sie in derselben nicht unglücklich gefochten, das Gewehr strecken.
(Einmarsch in Böhmen.) An der sächsisch-östreichischen Grenze waren drei Heere aufgestellt: im Westen die Elbarm ee unter dem General Herwart von Bitten feld,» in der Lausitz die erste Armee unter dem Prinzen Friedrich Karl und im Osten die zweite Armee unter dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm. Den Plan zum Feldzuge hatte der Chef des Generalstabes, General von Moltkc, entworfen. Mit derselben Raschheit und Präcision wie in Hannover und Hessen drangen die Preußen auch tu Sachsen vor, und schon nach einer Woche erfolgte ihr Einmarsch in Böhmen. In den glücklichen Gefechten bei Hühnerwasser, Münchengrätz und Gitschin trieben Friedrich Karl und General Herwart die Feinde vor sich her, während der Kronprinz bei Trautenau, Nachod und Skalitz kämpfte und siegte.
«Schlacht bei Königgrätz.) Der östreichische Oberfeldherr Bett et) cf hatte sein Heer in der Nähe der Festung Köni ggrätz zusammengezogen. Als König Wilhelm, der 'sich seil einigen Tagen bei der Armee befand, hiervon Gewißheit erhielt, traf er sofort Vorkehrungen zur Schlacht. Morgens 4 Uhr setzten sichp. 3«n die Truppen Friedrich Karl's langsam in Marsch, und gegen Uhr begann der Kampf. Eine furchtbare Reihe von Feuer'schlünden starrte den Preußen entgegen, und nur allmählich und unter herben Verlusten vermochten sie Boden zu gewinnen. Ant heftigsten entbrannte der Streit um Sad owa und nach dessen Einnahme um den dahinter gelegenen Wald. So wurde es 2 Uhr, den braven Kriegern schwanden nach den unerhörten Anstrengungen die Kräfte, und manches Auge blickte ängstlich nach Osten, von wo die zweite Armee kommen sollte. Endlich verbreitete sich die heißersehnte Kunde: der Kronprinz ist eingetroffen! Da durchzuckte es aller
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Karl Friedrich Karl Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Moltkc Friedrich_Karl Friedrich Karl Wilhelm Friedrich_Karl's Friedrich
139
den Botschafter ferner zu empfangen. Anderen Tages, am 15. Juli 1870, trat er die Heimreise nach Berlin an, die sich zu einem wahren Triumphzuge gestaltete. Noch vor ihm war die Nachricht in der Hauptstadt eingetroffen, daß die Franzosen den Krieg beschlossen hatten. Sofort erteilte er den
Befehl zur Mobilmachung des norddeutschen Heeres, und am 19. Juli, dem Todestage der unvergeßlichen Königin Luise, erneuerte er für den bevorstehenden Feldzug den Orden des eisernen Kreuzes.
(Die Wacht am Rhein.) Eine allgemeine Begeisterung ergriff die deutsche Nation. Baiern, Württemberg, Baden und Hessen stellten ohne Zögern ihre Truppen unter die Befehle des Königs von Preußen; von Nord uudsüd, von Ost und West liefen Kundgebungen der Opferwilligkeit und Hingebung für die Sache des Vaterlandes ein,: in allen Ganen ertöntema x Schneckenburger' s „Wacht am Nhein". Obwohl die Franzosen den Krieg längst vorbereitet hatten, wurde doch die deutsche Truppenaufstellung mit der des Feindes zugleich beendet. Die Streitkräfte der Unsern waren auf drei Armeen verteilt, von denen die erste Armee unter dem General Steinmetz, die zweite Armee unter dem Prinzen Friedrich Karlünddie dritte Armee mit den Süddeutschen unter dem Kronprinz e it Friedrich Wilhelm stand. Den Oberbefehl führte Königwilhelrn selbst unter dem Beirat des Generals vonmoltke.
• (Schlachten bei Weißenburg und bei Wörth.) Am 4. August rückte der Kronprinz aus der südlichen Pfalz in den Elsaß ein und schlug bei Weißenburg ein französisches Korps unter dem General Douay. Folgenden Tages setzte er seinen Marsch fort und stieß bei Wörth auf die Armee des Marschall Mac Mahon, von dessen Feldherrntalent die Franzosen große Dinge erwarteten. Am Morgen des 6. August eröffneten die Baiern unter L1870* General von Hartmann'nnd die Preußen unter General von Kirchbach das Gefecht und behaupteten sich gegen den überlegenen Feind so lange, bis auch die übrigen Korps eintrafen. Nun gingen die Unsern auf der ganzen Linie zum Angriff vor und trieben die Gegner trotz ihres zähen Widerstandes auf allen Punkten zurück. Die Armee Mac Mahon's löste sich vollständig auf und floh in wilder Unordnung nach Westen zu; die gefürchteten Turkos und Zuaveu waren zum größten Teile vernichtet.
(Schlacht bei Spicheru.) An demselben Tage errang General Steinmetz einen glorreichen Sieg über das Korps des Generals Frossard. Dieser hatte nach Verdrängung der geringen Besatzung Saarbrückens ans den rückwärts gelegenen steilen Höhen bei dem Dorfe Spicheru eine, wie die p.sug. Franzosen selbst meinten, unangreifbare Stellung genommen. Aber auch an [1870 das scheinbar Unmögliche wagten sich die Preußen. Kriechend auf Händen und Füßen und sich an Steinen und Büschen emporziehend, bewegten sich die Bataillone auswärts und trieben die Feinde mit gefälltem Bajonett in die Flucht.
(Schlachten bei Metz.) Während Mac Mahon seine zersprengte Armee bei Chalons a. d. Marne sammelte und ergänzte, stand Marschall 33azante mit der französischen Hauptmacht unter den Mauern der Festung Metz.ri,
Hier nun wurde in den Tagen des 14., 16. und 18. August eine der größ-! isisaüg! ten und blutigsten Schlachten des Jahrhunderts geschlagen. Bazaine hatte*-1870 die Absicht, sich ebenfalls nach der Marne zurückzuziehen, und um dies zu verhindern, griff ihn General Steinmetz am 14. August bei Courcelles an und nötigte ihn, seilten Plan für heute aufzugeben. Zwei Tage später, am 16. August, machte der Marsch all einen neuen Versuch, seine Vereinigung mit Mac Mahon zu bewirken. Mittlerweile war aber auch Prinz Friedrich Karl mit der zweiten Armee eingetroffen, und dem Abmarsch des Feindes wurde abermals Halt geboten. Ein furchtbarer Kampf entbrannte, der hauptsächlich um die Dörfer Vionville, Mars-la-Tonr und Re-zonville geführt wurde und erst mit einbrechender Nacht zum Vorteil der Unsern endete. So lange indes die französische Armee nicht gänzlich in die tfestung zurückgeworfen und dadurch unschädlich gemacht worden war, konnte der fcieg nicht als ein vollständiger gelten. So erfolgte denn am 18. August eine dritte Schlacht bei Gravelotte und St. Privat, welche endlich die gewünschte Entscheidung brächte. Die Franzosen hatten auf den Metz um-
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Extrahierte Ortsnamen: Berlin Rhein Württemberg Baden Hessen Nord Ost Weißenburg Elsaß Weißenburg Mahon Baiern Dorfe_Spicheru Mahon Mars-la-Tonr
68 Kaiser Wilhelm.
Thatkraft, mit welcher Preußen den Kampf begann. Die Hannoveraner wollten sich mit den Baiern vereinigen, wurden jedoch auf ihrem Marsche nach
Süden bei Langensalza am 27. Juni durch General von Fließ angegriffen
und nach zwei Tagen zur Wasfenstreckung genötigt. — Die erste und die Elb.
armee drangen durch Sachsen in Böhmen ein. Nach den siegreichen Gefechten
bei Siebenau, Turn au, Podol und Hühncrwasser vereinigten sich beide Armeen
hinter dem Oberbefehle Friedrich Karls und schlugen die Österreicher bei Munchengrätz und Gitschin, 29. und 30. Jnni. Die zweite Armee überschritt die schlesisch-böhmische Grenze und siegte bei Nachod, Skalitz und Trautenau. Die Österreicher haften sich in eine stark befestigte Stellung-in der Nähe von Königgrätz zurückgezogen. Am 2. Juli traf König Wilhelm bei der Armee ein und übernahm den Oberbefehl über die gesamte preußische Hceresmacht. Am 3. Juli morgens begann der Angriff auf die feindliche
Stellung bei Sadowa. Man kämpfte den ganzen Vormittag mit der größten Tapferkeit; schon war die Nachmittagsstunde vor* über, aber noch kein wesentlicher Vorteil errungen. Noch war der Kronprinz mit seiner Armee nicht auf dem Schlachtfelde ein» getroffen. Mit Unruhe schauten der König und feine Generäle durch ihre Ferngläser nach Osten hin, woher die schlesische Armee kommen mußte. Endlich gegen 1 Uhr ging die frohe Kunde durch die Armee: „Der Kronprinz ist da!" Wie der alte Blücher bei Waterloo, so kam der ersehnte
jugendliche Held zur rechten
Stunde. Und nun ging es im
unwiderstehlichen Sturm auf den Feind los. Der Kronprinz aber warf sich mit aller Macht auf die befestigten Höhen von Chlum, den Schlüssel der österreichischen Stellung, und erstürmte das Dorf. Damit war der Kampf ent-
schieden. Die Österreicher und Sachsen wichen; König Wilhelm selbst setzte sich an die Spitze der Reiterei, um den Sieg zu vollenden, und bald artete der Rückzug in wilde Flucht aus. Die Österreicher hatten über 40 000 Tote,
Verwundete und Gefangene und außerordentlich viele Kanonen und anderes
Kriegsmaterial verloren. Unaufhaltsam drangen die Preußen gegen Wien vor. Schon erblickte man in der Ferne den hohen Stephansturm in Wien, und ein preußisches Korps überstieg die kleinen Karpathen und kämpfte bei Blumen au im Angesichte Preßbnrgs; da traf plötzlich die Nachricht von einer Waffenruhe ein — der Krieg war zu Ende.' Die zu Nikolsburg vereinbarten Friedensbedingungen wurden in dem Frieden zu Prag, am 23. August, bestätigt. — In Italien hatten die Österreicher zu Lande und zu Wasser gesiegt. Die schlechtgeführten süddeutschen Truppen waren bei Dermbach, Kissingen und Aschaffenburg geschlagen worden Österreich schied ans Deutschland ans, verzichtete auf Schleswig-Holstein und zahlte 30
Kaiser Friedrich Iii. vom y Mä>z — 15. Juni 1888.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Friedrich_Karls Friedrich Karls Wilhelm Wilhelm August Friedrich_Iii Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Baiern Langensalza Sachsen Sadowa Sachsen Wien Wien Nikolsburg Prag Italien Dermbach Kissingen Aschaffenburg Deutschland Schleswig-Holstein
266
verteidigt, die der Stadt Gastfreundschaft genossen hatten. Von Haus zu
Haus springend, in der Hausflur die Gewehre ladend und auf den Feind
aus gedeckter Stellung feuernd, verkauften sie jeden Fuß breit Boden und
jeder sein Leben teuer. Als die Heinrichstadt von ihnen geräumt war,
wütete der Kampf in der Altstadt weiter. In den verschiedenen Straßen
derselben wurde Mann gegen Mann gerungen. Besonders blutig gings
auf der Roten Brücke, bei der Schwarzfarbe und in den: von der Sankt
Wolfgangskapelle zur Bergkirche führenden Hohlwege her.
Inzwischen war die französische Kavallerie von der Hofer Straße aus
mitten durch die Stadt über den Markt durch die Kobischgasse (jetzt Bahn-
hofstraße) nach der Holzmühle zu gezogen, um den linken Flügel der Ver-
bündeten anzugreifen oder zu umgehen. Ein überaus blutiger Empfang
wurde ihr von den auf der Höhe zwischen Öttersdorf und Löhma auf-
gestellten sächsischen Dragonern bereitet. Den Karabiner schußfertig an der
Backe erwarten sie die unter den: Befehl des Prinzen Murat anstürmenden
feindlichen Reiter. Auf 60 Schritte geben sie Feuer. Furchtbare Wirkung!
Der Feind geht zurück. Die sächsischen Dragoner mit geschwungenem Säbel
ihm nach, zwingen ihn, standzuhalten und zu kämpfen. Manch einer
von den Franzosen fiel unter den wuchtigen Streichen der sächsischen Reiter,
bei denen es überdies üblich war, den Hieb von unten herauf nachzuziehen
und den einmal Getroffenen vollends unschädlich zu machen. Es wird er-
zählt , daß Murat, der tollkühn als erster die Löhmaer Höhe erstürmt
hatte, von den Sachsen beinahe gefangen genommen worden wäre. Ein
Dragonerwachtmeister war den: Pferde des Prinzen bereits in die Zügel
gefallen. Der hart Bedrängte haut mit seinem Säbel den Sachsen quer
iibers Gesicht. Blutüberströmt und unfähig, aus einem Auge zu sehen,
wohl auch zun: Tode erschrocken, läßt der die Zügel los. Der Prinz
sprengt davon und ist gerettet. Schon nahen auch weitere französische
Infanterie- und Artillerieregimenter, deren Schnellfeuer und Kartätschen-
feuer furchtbare Verwüstung unter der sächsischen und der inzwischen her-
zugekommenen preußischen Kavallerie anrichtet. Ein sächsisches Regiment,
dessen Reiter rote Röcke mit schwarzen Aufschlügen hatten und vom Sieben-
jährigen Kriege her den Beinamen die „Fleischhacker" trugen, focht mit
Löwenmut und wich nur der schier erdrückenden Übermacht, hielt aber bis
zum nächsten Morgen dicht hinter Öttersdorf stand. In diesen: mörderischen
Feuer fiel der wackere sächsische Oberst von Hochheimer. Man trug den
zum Tode Getroffenen in das Pfarrhaus zu Öttersdorf. Dort verstarb
er bald im Arme des Pfarrers Walz. Fürst Heinrich Lxii. ließ ihm
später ein würdiges Grabdenkmal errichten.
Länger als die Kavallerie und Artillerie blieb die Infanterie beider
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Extrahierte Personennamen: Murat Walz Heinrich_Lxii Heinrich
306
aktes begann die Artillerie vom Morgen des 17. an mit der größten
Heftigkeit zu spielen und überschüttete die feindliche Stellung auch die
ganze Nacht zum 18. hindurch bis vormittags 10 Uhr mit ihren Ge-
schossen. Stündlich mußte jetzt der Feind ans einen Sturm gefaßt
sein und hatte demselben auch mit Tagesanbruch entgegen gesehen und
seine Anordnungen danach getroffen. Als aber um diese Stunde das
Erwartete nicht erfolgte, zog er seine Verstärkungen zurück und ließ
in den Schanzen nur die regelmäßige Besatzung, die zum Teil noch
beim Beginne des Sturmes in den Verbindungsgräben war, um dort
gedeckter zu sein.
Da kein Truppenteil freiwillig dem andern die Ehre des ersten
Angriffs gönnen wollte, so hatte das Los entscheiden müssen; daher
finden wir die Sturmkolonnen zusammengesetzt aus Kompanieen aller
Regimenter. In der Nacht hatten die Brigaden bereits die angewiesenen
Stellungen eingenommen, hatten sich auf den Boden hingestreckt und
horchten in der Erwartung des großen Augenblicks auf den rollenden
Donner der Kanonen. In dem breiten dritten Laufgraben, 140 m vor
den Schanzen, lagen die Sturmkolonnen mit ihren Gerätschaften und
brannten vor Begierde, die feindlichen Schanzen zu nehmen.
Der Morgen des 18. bricht an; immer näher rückt die entscheidende
Stunde. Es steigert sich die Glut und die Aufregung der todesmutigen
Männer; die Pulse schlagen schneller, und während der Soldat sein
Gewehr fester umklammert und auf den tröstenden Zuspruch der Geist-
lichen hört, schweifen seine Gedanken noch einmal zurück nach der Heimat.
Da, horch! vom Spitzberge her ertönt ein schmetterndes Hornsignal,
im Augenblicke wiederholt es sich auf der ganzen Linie, und während
mit einem Male das Feuer der Kanonen verstummt, brechen mit lautem
Hurra und unter der Musik von vier Regimentern die Sturmkolonnen
im Laufschritte aus dem Laufgraben hervor.
Ohne einen Schuß zu thun, gehen die Schützenlinien eine größere
Strecke vor, dann werfen sie sich zur Erde und beginnen ihr wohl-
gezieltes Feuer gegen alles, was sich auf den Schanzen zeigt. Unter
diesem Schutze gehen die Sturmkolonnen so schnell als möglich, mit-
einander wetteifernd, ohne eine Kugel im Laufe auf die feindlichen
Werke los. Jeder Soldat ist nur darauf bedacht, der erste auf der
Schanze zu sein und das preußische Banner dort aufzupflanzen. Der
Feind, im ersten Augenblicke überrascht, besetzt in Eile seine Werke.
Das Knattern des Gewehrfeuers beginnt auf der ganzen Linie, und
gleich darauf speien die schweren 84-Pfünder ihre Kartätschenladungen
gegen die Angreifer. Dunkle Flecken ans dem Erdboden bezeichnen die
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315
Es waren die ersten Infanteristen, welche sich hier retteten.
Alle Wagen überfüllt, ans den Dächern, an den Handhaben
hängend, mit halbem Leibe in der Lnft, ans den Trittbrettern,
einige mit voller Rüstung, einige halb nackt, Verwundete keine.
Hier zog ein neues Bild der Verwirrung vorüber und
kreuzte den Unglücksstrom auf der Heerstrasse. Wir liessen
den Balken fallen und sprangen seitwärts. Wie die wilde Jagd
eilten die Reiter der Stadt zu und passierten diese ohne Aufent-
halt. Um 5 Uhr versiegte der Strom der Kavallerie. Nach
einer Pause kam Fuhrwerk. Ich habe 4 bis 5 Protzen gesehen,
alle vollständig bespannt, aber ohne (Jeschütze. Dann polterte
ein zerbrochener Munitionskarren, mit Turkos bepackt, näher,
hinter ihm kam ein Bauernwagen, mit Bettzeug und allerlei
Habseligkeiten bepackt, ohne Besitzer. Ein Zuave leitete die
Pferde, zwei grässlich verstümmelte Turkos lagen oben quer
über, ein Haufe unbewaffneter Soldaten aller Art klammerte
sich oben an. Nun kam Infanterie, etwa um halb sechs Uhr,
aber noch immer kein Offizier. Alsdann erschienen im dichten
Schwarme Kanzleikarren, die Wagen von drei Brigadegeneralen,
das Archiv einer Truppendivision, 4 bis 5 leere Munitionskarren,
sodann allerlei Ambulanzwagen, aber mit Gesunden bedeckt.
Auf einem Karren lagen drei Tote, während ein paar jämmerlich
zugerichtete Turkos im Gewükle mit jener stumpfen Ergebung
einhergingen, welche diese Wüstensöhne in Wahrheit auszeichnet.
Dann kamen verschiedene Marketenderwagen inmitten einer
grossen Truppe Infanterie. Die Infanteristen hatten alle ihr
Gepäck weggeworfen, viele ihre Gewehre, viele gingen im
Hemde, die meisten hatten von allem nur etliche Brotlaibe
an einen Säbel gespiefst über die Schulter.
Um halb sieben Uhr kam ein geordneter Trupp Kürassiere
unter Befehl eines Kapitäns mit zwei Unteroffizieren, etwa
40 Mann stark. Sie waren fast alle ordentlich gerüstet und
kamen im Schritt an. Von 4 bis 7 Uhr zog ein aufgelöster
Schwarm Menschen vorüber, ganz mit sich selbst und ihrem
elenden Leben beschäftigt, im ganzen Zuge bloss 40 Mann ge-
ordnet, im ganzen wohl 8- bis 10 000 Mann, verhältnismässig
wenige Verwundete und bloss 3 bis 4 Kavallerie-, 2 Artillerie-
und etwa 8 Infanterie-Offiziere im ganzen Schwarme. Eine
solche Zerrüttung weist das Jahr 1866 nicht auf.
Fröschweiler Chronik.
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294
er infolge seines Temperaments in allen Schlachten zu lebhaft, zu
unruhig war. Wenn die Truppen ihre Befehle hatten, fo konnte er die
Ausführung kaum erwarten, und alle Bewegungen schienen ihm zu lang-
sam. Die Reiterei war feine Lieblingswaffe. Seine Kriegsführung
zeigt überall denselben Charakter des Eifers und der Kühnheit, immer
dringt er, keine Gefahr kennend, entschlossen auf den Feind.
Von feinem Gleichmute in Gefechten, von feiner Todesverachtung
werden viele Züge erzählt. Im größten Kugelregen bei Ligny rauchte
er gelassen feine Pfeife, die er an der brennenden Lunte des nächsten
Kanoniers angezündet hatte. Diese Unerschrockenheit bedurfte nicht der
Spannung, die das Schlachtfeld in der Seele zuweilen erst erweckt. Aus
dem Schlafe aufgerüttelt, um die Meldung zu vernehmen, daß Napoleon
eine neue, ebenso unerwartete als kühne Bewegung ausführe, antwortete
Blücher gähnend: „Da kann er die schönsten Schmiere kriegen," gab die
nötigen Befehle und drehte sich gelassen zum weiteren Schlafe auf die
andere Seite. Durch solche Art, zu fein und die Dinge zu nehmen,
hatte Blücher eine unwiderstehliche Wirkung auf das Volk; der gemeine
Mann war ihm überall, wo er sich zeigte, sogleich zugethan; selbst in
Frankreich fühlte das Volk eine Art Vorliebe zu ihm. Insbesondere war
ihm die Gabe eigen, mit den Soldaten umzugehen, sie zu ermuntern,
anzufeuern; mit dem Schlage weniger Worte, wie sie ihm der Augenblick
eingab, durchzuckte er die rohesten Gemüter. Ebenso glücklich trafen
oft seine Scherzworte, z. B. wenn er einem Bataillon Pommern, das
beim Eindringen in Frankreich viel gelitten hatte und in fast düsterer
Haltung einherzog, tröstend zurief: „Nun, Kinder, sollt ihr auch so lange
in Frankreich bleiben, bis ihr Französisch könnt." Am Tage vor seinem
Marsche nach Waterloo hatte Blücher an den Folgen eines Sturzes
vom Pferde im Bette zubringen müssen, und als er unmittelbar
aus dem Bette wieder aufs Pferd wollte, um mit seinen Truppen zur
neuen Schlacht auszurücken, war man für den übel zugerichteten Greis
nicht ohne Sorgen. Der Wundarzt wollte ihn zu guter Letzt einreiben;
Blücher aber versetzte, als er die Anstalten sah: „Ach was noch erst
schmieren! Laßt nur sein; ob ich heute balsamiert oder nnbalsamiert
in die andere Welt gehe, wird ans eins herauskommen." Er erhob sich,
ließ sich ankleiden und setzte sich wohlgemut zu Pferde, obgleich ihn
bei jeder Bewegung die gequetschten Glieder schmerzten. Als er sah,
wie stark es geregnet hatte, und daß es noch immer fortregnen
werde, sagte er: „Das sind unsere Verbündeten von der Katzbach, da
sparen wir dem Könige wieder viel Pulver." Aber der Weg wurde
immer schlimmer, und es wollte in dem durchweichten Boden gar nicht
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Blücher
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Frankreich
320
14v. Brief Bismarcks an seine Gemahlin.
Vendresse, 3. September 1870.
Mein liebes Herz!
Vorgestern vor Tagesgrauen verließ ich mein hiesiges Quartier,
kehre heute zurück und habe in der Zwischenzeit die große Schlacht
von Sedan am 1. erlebt, in der wir gegen 30 000 Gefangene machten und
den Rest der französischen Armee, der wir seit Bar-le-Duc nachjagten,
in die Festung warfen, wo sie sich mit dem Kaiser kriegsgefangen er-
geben mußte. Gestern früh 5 Uhr, nachdem ich bis 1 Uhr früh mit
Moltke und den französischen Generalen über die abzuschließende
Kapitulation verhandelt hatte, weckte mich der General Reille, den ich
kenne, um mir zu sagen, daß Napoleon mich zu sprechen wünschte.
Ich ritt ungewaschen und ungefrühstückt gegen Sedan, fand den Kaiser
im offenen Wagen mit 3 Adjutanten und 3 zu Pferde daneben ans
der Landstraße vor Sedan haltend. Ich saß ab, grüßte ihn ebenso
höflich wie in Paris und fragte nach seinen Befehlen. Er wünschte
den König zu sehen; ich sagte ihm der Wahrheit gemäß, daß Se. Maj.
3 Meilen davon, an dem Orte, wo ich jetzt schreibe, sein Quartier
habe. Ans Napoleons Frage, wohin er sich begeben solle, bot ich ihm,
da ich der Gegend unkundig, mein Quartier in Donchery an, einem
kleinen Orte in der Nähe dicht bei Sedan; er nahm es an und fuhr,
von seinen sechs Franzosen, von mir und von Karl, der mir inzwischen
nachgeritten war, geleitet, durch den einsamen Morgen nach unserer
Seite zu. Vor dem Orte wurde es ihm leid, wegen der möglichen
Menschenmenge, und er fragte mich, ob er in einem einsamen Arbeiter-
hause am Wege absteigen könne; ich ließ es besehen durch Karl, der
meldete, es sei ärmlich und unrein. Napoleon und ich stiegen eine
gebrechliche enge Stiege hinauf. In einer Kammer von 10 Fuß Ge-
vierte mit einem fichtenen Tische und zwei Binsenstühlen saßen wir
eine Stunde, die anderen unten. Ein gewaltiger Gegensatz mit unserm
letzten Beisammensein in Paris! Unsere Unterhaltung war schwierig,
wenn ich nicht Dinge berühren wollte, die den von Gottes gewaltiger
Hand Niedergeworfenen schmerzlich berühren mußten. Ich hatte durch
Karl Offiziere aus der Stadt holen und Moltke bitten lassen, zu
kommen. Wir schickten dann einen der ersteren aus und entdeckten
eine halbe Meile davon ein kleines Schloß mit Park. Dorthin ge-
leitete ich ihn mit einer inzwischen herangeholten Eskorte vom Leib-
Kürassier-Regimente, und dort schlossen wir mit dem französischen
Obergeneral Wimpffen die Kapitulation, vermöge deren 40- bis 60 000
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleons Karl Karl Karl Karl Napoleon Karl Karl Wimpffen
Extrahierte Ortsnamen: Bismarcks Sedan Sedan Sedan Paris Donchery Sedan Paris Gottes